Canberra - Adelaide

19. Februar

"Vergiß den Bus und die Bahn. Kommst du nur von einer Stadt zur anderen. Alles was gut ist, ist dazwischen" rät mir Ernst, mein Freund mit langer Australien-Erfahrung und so nehme ich einen zweiten Anlauf zum Mietwagen. Eine kurze Recherche im Internet sagt mir, Europcar ist für meinen kleinen Wunschwagen "Hyundai i20" hier am günstigsten. Ich radle zum örtlichen Büro und der freundliche Schotte, der sich meinen Wunsch anhört, rät mir online zu buchen, da es so billiger wäre als bei ihm im Büro. Das nenne ich kundenfreundlich.

Am nächsten Morgen, als ich mir Sack und Pack eintreffe um das Auto zu übernehmen, erklärt er mir, dass mein gebuchter Wagen leider nicht verfügbar sei. Er könne mir aber ein größeres, einen Toyota "Kluger", zum gleichen Preis überlassen. Das Auto kenne ich nicht, aber größer und nicht teurer ist ja ganz angenehm. In der Tiefgarage steht auf dem beschriebenen Parkplatz allerdings ein SUV mir stattlichen Ausmaßen und ich will schon wieder umkehren. Doch da fällt mein Blick auf das Typenschild "Kluger" und auf meine Fernbedienung reagiert er auch. Jetzt kann nichts mehr schiefgehen, ich bin mit einem Kluger unterwegs.

Das Mädchen an der Rezeption des YHA hat mir beim Auschecken empfohlen, den Bungonia Nationalpark zu besuchen, dort könne man schöne Trekkingtouren machen. Am späten Nachmittag bin ich dann auch dort und habe einen riesigen, gut ausgestatteten Campingplatz ganz für mich alleine, abgesehen von einigen Kängurus und einem Ameisenigel. Tags darauf mache ich eine längere Tour, die mich auf gut gekennzeichneten Pfaden zu verschiedenen Aussichtspunkten mit schönem Blick auf die umliegende Landschaft führt. Am Abend findet sich noch ein australisches Ehepaar auf dem Campingplatz ein und so habe ich doch noch ein wenig Gesellschaft.

Die nächste Etappe bringt mich nach Jervis Bay mit einem traumhaft weißen Sandstrand an einem Aborigines berriebenen Campingplatz. Doch der Himmel ist grau, die Nacht und der nächste Tag sind verregnet und die Wetteraussichten sagen weitere Regenschauer vorher. Also beschließe ich, das schlechte Wetter im Auto auszusitzen und mache mich auf den Weg in den Kosciuszko Nationalpark südlich von Canberra.

Aber das Regenwetter begleitet mich und als ich kurz vor meinem Ziel in einem Cafe sitze, sagt ein Gast als er zur Tür hereinkommt nur:" Those days are for the ducks", und tatsächlich, als ich auf dem Campingplatz des Nationalparks eintreffe, scheinen die Enten in den Regenpfützen die einzigen zu sein, die das Wetter genießen. Aber auch die drei Kängurus, die im Regen am Flussufer grasen, machen einen recht zufriedenen Eindruck.

Am nächsten Tag scheint die Sonne und damit ist klar, ich werde auf den Mt. Kosciuszko, Australiens höchsten Berg wandern. Nur die ersten paar Kilometer heißt es 600 Höhenmeter aufzusteigen, dann hat man die Höhe von ca 2000 m erreicht und zum Gipfel mit 2228 m führt dann ein sechs Kilometer langer Pfad aus Gitterrosten.

Um die Natur zu schonen ist solch ein Wanderweg optimal, doch das Gehen darauf ist irgendwie steril.

In dieser Gegend treffe ich viele, auch junge Leute die perfekt deutsch sprechen. Zwischen 1949 und 1974 wurde hier ein gigantisches Wasserkonzept verwirklicht ("Snowy Hydro") das einerseits der Energiegewinnung dient und andererseits Wasser zur Bewässerung der im Tal liegenden Obstplantagen liefert. Dazu holte das Land zu dieser Zeit über 100 000 Arbeiter in die Gegend und darunter waren auch viele Deutsche die dann hier seßhaft wurden.

Auch die freundliche Dame in der Touristeninformation von Jindabyne spricht perfekt deutsch und empfiehlt mir zur Weiterfahrt den Weg entlang des Murray Rivers.

26. Februar

Die ersten hundert Kilometer führen mich dann auch durch eine abwechslungsreiche Landschaft mit einigen beeindruckenden Aussichtspunkten. Doch ab Corryong tauchen die ersten Pinienwälder auf und das Land wird zusehends flacher.

Und bei einem der zahlreichen Fotostops sind sie plötzlich da: FLIEGEN! Nicht die gemütlichen Stubenfliegen die ich von daheim kenne, sondern kleine, blitzschnelle Biester die teilweise aggressiv summen und wirklich nur vier Ziele haben: meinen Mund, meine Nase, meine Augen und meine Ohren! Da hilft nur eine schnelle Flucht ins sichere Wageninnere, aber kaum hast du die Türe aufgemacht, sind mindestens fünf der Angreifer vor dir im Auto. Zum Glück mögen sie die kalte Luft der Klimaanlage nicht und verziehen sich in einen Winkel oder flüchten durch ein kurz geöffnetes Fenster.

Spät am Nachmittag zieht ein Gewitter auf und an einem kleinen See bläst der Wind so stark, dass ich mir sicher bin hier vor den Plagegeistern verschont zu bleiben. Weit gefehlt, mir weht es zwar fast das Brot vom Tisch, doch die Fliegen widerstehen dem Wind und so wird eben mit einer Hand gegessen und mit der anderen gewedelt. Was ich zum Glück nicht weiß: die Fliegenplage wird mir die nächste Zeit erhalten bleiben, ja sie wird sogar noch zunehmen.

Die nächsten 500 km ändert sich nicht viel: weite, ockergelbe Ebenen mit vereinzelten Bäumen, auf den abgeernteten Feldern zum Teil Schaf- oder Viehherden, in allen Ortschaften riesige Getreidesilos und die Straßen zum Glück fast immer eingesäumt von einem wildwuchernden Baumstreifen und meist schnurgerade. Dann kommen wieder Landstriche in denen von Apfelsinen bis Oliven alle möglichen Obstarten angebaut werden.

Nach zwei Tagen und rund eintausend Kilometern Fahrt komme ich im Mündungsgebiet des Murray Rivers in Taliem Bend an. Nach zwei Erholungstagen zieht es mich ans Meer, denn das Wetter ist beständig und warm. Südlich von Taliem Bend, wo in riesigen Silos die Getreideernte der Umgebung gesammelt wird, liegt der Coorong Nationalpark. Der schmale Küstenstreifen mit vielen Salzwasserlagunen ist Brutplatz von Pelikankolonien die aber auf gesperrten Inseln liegen.

Auch hier wäre ich mit meinem Zeltchen und einem Ehepaar ziemlich allein, wenn nicht schon Millionen von FLIEGEN hier auf ein Opfer lauern würden. Während ich mit dem Mann, der zum Angeln hier ist, rede, wedelt er mit einem abgerissenen Eukalyptuszweig vor seinem Gesicht herum und ich fuchtle mit den Händen. Da fällt mir mein Moskitonetz ein das eigentlich für den Regenwald zum Schutz vor Moskitos gedacht war aber nie zum Einsatz kam. Das stülpe ich über meinen Hut und so marschiere ich mit Schleier zum Strand. Es ist ein schöner Sandstrand, aber wegen der starken Strömung und der Haifische sollte man dort nicht schwimmen.

Am Abend versammelt sich hier eine Gruppe von Aussies zu ihrem Freizeitvergnügen, dem Angeln. Allerdings stecken dann eine ganze Reihe von einsamen Angelruten am Ufer im Sand während die dazugehörenden Besitzer mit ihren Allradjeeps hinter einer Düne sitzen und sich ein kühles Bierchen gönnen. Der Strand ist übrigens wegen der kühlen Brise relativ fliegenfrei und so kann ich lange Spaziergänge und einen schönen Sonnenuntergang genießen.