Adelaide und Umgebung

4. März

Kurz vor Adelaide liegt eine der ältesten, sicher aber die bekannteste deutsche Siedlung. Hahndorf, so benannt nach einem Kapitän der Auswandererschiffe. Die alten Häuschen sind liebevoll renoviert und an allen Ecken wird "typisch" deutsches angeboten und es sind auch jede Menge Touristen unterwegs. In einer Gaststube hängen zwei Tafeln mit Namen und Heimatorten der Einwanderer. Alle sind preußische Lutheraner die wegen ihres Glaubens das Land verlassen haben.

Wie verabredet treffe ich am Abend bei Sam ein und lerne erst mal seine Freundin Sophia kennen da er noch nicht von der Arbeit zurück ist. Als er kommt gibt es natürlich das große "Hallo" und die nächsten zwei Tage haben wir jede Menge zu erzählen.

Am zweiten Abend meines Besuches habe ich noch ein nettes Erlebnis. "Was, du hast noch keine Koalas gesehen? Komm, wir gehen noch im Morialta Park spazieren, da sieht man immer welche." meint Sam. Da das Haus der beiden ziemlich am Stadtrand liegt, sind wir schnell dort. Wir sind noch keine zehn Minuten unterwegs, sagt Sam: "Da oben sitzt einer!" Und schon hört man ihn auch schreien. Für ihr flauschiges Aussehen habe sie ein eine recht krächzende und unangenehme Stimme. In dem Moment hört man aber auch noch das trockene Knacken eines brechenden Astes und schon knallt der Ast aus sechs Metern Höhe ein paar Schritte vor uns auf den Weg. Wir springen natürlich gleich hinzu, vielleicht können wir helfen. Da krabbelt auch schon so ein kleiner Bursche unter dem Ast hervor und sitzt ziemlich verdattert im Schein unserer Taschenlampen auf der Straße. Beim genaueren Hinsehen bemerken wir, dass er an einer Vorderpfote blutet und dann stellen wir fest, in dem abgebrochenen Ast sitzt nochmals ein Koala. Dieser, etwas größer und älter, hat vermutlich das Unheil geahnt und wollte den anderen mir seinem Geschrei davon abhalten auch auf den Ast zu klettern. Aber da war es schon zu spät. Die Wunde des kleineren, vermutlich eine ab- oder eingerissene Kralle, blutet jetzt doch ganz heftig und Sam macht sich daran, jemand von der Parkverwaltung zu rufen während ich mit zwei Taschenlampen nach den Koalas schaue und Stechmücken vertreibe. Die Angelegenheit dauert und nach über einer Stunde ist alles im Sand verlaufen. Der Kleine hat sich inzwischen in eine Baumkrone verzogen und scheint zu fressen, während der Große ganz verwundert auf seinem abgebrochenen Ast sitzen bleibt, bis wir gehen.

V

Da ich noch meinen Mietwagen habe will ich das ausnutzen und ein kleines Stück Richtung Norden fahren. Mein erster Anlaufspunkt ist Burra, eine ehemalige Kupferabbaustätte und 150 km nördlich von Adelaide gelegen. Dort steuere ich den "Red Banks NP" an, der aber nur über einen 20 km langen Schotterweg zu erreichen ist. Die Autovermieter gestatten das Befahren von solchen Straßen nicht, aber was sein muss, muss sein. Unterwegs spricht mich ein Einheimischer aus seinem Jeep heraus auch darauf an. Auf meinen Vorschlag, dass ich ganz vorsichtig fahren werde wenn er es nicht weitererzählt geht er lachend ein. Wie so oft zeigt es sich wieder, dass die Leute auf dem Land eher auf andere zugehen und auch zu einem Plausch bereit sind.

Red Banks ist wirklich ganz abgelegen und auf dem kreisförmig angelegten Camp bin ich der einzige Gast. Immerhin gibt es eine Toilette. Nachts um zehn werde ich durch Motorgeräusche und Scheinwerferlicht geweckt. Ein Pkw dreht eine langsame Runde um den Platz, bleibt dann eine Weile an der Einfahrt stehen, kommt nochmals vorbei um sich dann in eine Bucht schräg abseits von mir zu stellen. Am nächsten Morgen bin ich schon vor der Dämmerung beim Frühstück, da sehe ich den Schein einer Taschenlampe auf einer anderen Seite des Platzes. Nach dem Frühstück richte ich mich zum Wandern her, will aber vorher dem Neuankömmling noch einen Besuch abstatten und schauen, mit wem ich da den Platz teile. Er entpuppt sich als ziemlich schräger Vogel und kaum dass ich Hallo sagen kann, redet er wie ein Wasserfall auf mich ein. Fünfzig Prozent von dem was er sagt heißt "fucking" und die andern fünfzig Prozent sind kaum zu verstehen. Ich kriege aber mit, dass er hier quasi in seinem Auto wohnt, ich auf seinem angestammten Platz stehe, was aber ok sei und dass hier seit Ankunft der Europäer alles einfach f... ist. Nach einer Stunde kann ich mich endlich loseisen und komme doch noch zu meiner Wanderung. Wie überall ist es hier derzeit staubtrocken, doch der Weg durch ein Flussbett zeigt, welche Wassermassen hier zu Regenzeiten wohk am Werk sind. Stellenweise ragen die roten Wände gut zehn Meter in die Höhe. Nachdem es jetzt doch schon später Vormittag ist, hält die Tierwelt ihren Mittagsschlaf. Nur die Fußspuren von Känguru und Emu sind zu sehen.

Als ich zurückkomme fängt mich der "Buschmann" ab und will mir wieder was von Gott und der Welt erzählen, doch diesmal bin ich nicht so geduldig und mache ein schnelles Ende

 

Nochmals 100 km weiter im Norden liegt der NP "Mount Remarkable". Auf der Fahrt dorthin höre ich im Autoradio plötzlich eine deutsch sprechende Ansagerin. Radio Piri (eine nahegelegene Hafenstadt) sendet zweimal wöchentlich eine deutschsprachige Musiksendung. So höre ich denn auf dem Princess Highway in Australien eine Stunde lang " Musik mit Rose". Von "GG Anderson" über die "Jungen Zillertaler" bis zum Blasmusikcorps der BW mit dem Marsch "Alte Kameraden" legt sie mit leicht gekünstelten Worten Schlager auf und alles erinnert mich an Radiohören vor 50 Jahren.

Im Nationalpark angekommen erwarten mich 36 Grad und FLIEGEN, FLIEGEN, FLIEGEN. Sofort kommt das Moskitonetz zum Einsatz und ich sehe, ich bin nicht der einzige, der hier verschleiert rumläuft.

Wegen der zu erwartenden Temperaturen beginne ich den 18 km langen "Hidden Gorge Trail" schon vor Sonnenaufgang. Erstaunlicherweise hält sich die Fliegenplage auf der ganzen Strecke -Anmarsch über einen langezogenen Bergrücken, Rückweg durch eine stellenweise sehr enge Schlucht - in Grenzen. Es begegnen mir nur einige Emus und zahlreiche Kängurus. Eines davon schafft es beinahe mich umzuspringen. Es hat wohl in einem hohlen Baum am Weg sein Mittagsschläfchen gehalten, als es durch mein Näherkommen geweckt wurde und erschreckt heraushüpfte. Verwundert, oder verschlafen, schaut es mich von der anderen Seite der engen Schlucht aus an.

Als ich zurückkomme verrät mir der Kluger, dass es inzwischen 38 Grad warm ist. Nur die FLIEGEN scheinen von der Temperatur begeistert zu sein. Nach einer schnellen Flaschendusche stülpe ich mir den Schleier wieder über, denn hier auf dem Campingplatz scheint ihr Hauptquartier zu sein.

 

Auf dem Rueckweg nach Adelaide fahre ich durch das Barossa Valley, Australiens bekanntestem Weinanbaugebiet. Auch hier haben sich viele Deutsche auf der Suche nach religioeser Freiheit angesiedelt und mancher Ortsname klingt noch sehr deutsch. Ein Auswanderer aus Kulmbach baute vor 150 Jahren am Jakob's Creek als erster Wein an und legte damit den Grundstock fuer eine Erfolgsgeschichte.