Yellowstone National Park

Autofahren in den USA kann auf den oft schnurgeraden Straßen mit einer maximalen Geschwindigkeit von 65, manchmal auch 75 mi/h eine ganz gemütliche Sache sein, doch ich habe dabei oft mit meinen Augendeckeln zu kämpfen. Daher werde ich die 1300 km bis nach Bozeman in der Nähe des Yellowstone National Parks fliegen.

Yellowstone gilt als ältester Nationalpark der Welt und gehört in den USA zu den Parks mit den höchsten Besucherzahlen, ähnlich wie Grand Canyon und Yosemite.
Bekannt ist Yellowstone vor allem durch seine Geysire und sprudelnde heiße Quellen sowie für Bisons, Bären und Wölfe und ich hoffe, dass ich einige dieser Vierbeiner auch zu Gesicht bekomme.
Als ich um Mitternacht in  Bozeman ankomme hole ich meinen Mietwagen ab, fahre zum Walmart Parkplatz und übernachte dort im Auto. Nachts finden sich auf diesen Parkplätzen immer eine ganze Reihe von Campingfahrzeugen ein, keiner hat etwas dagegen und der Markt ist die ganze Nacht geöffnet.
Am nächsten Vormittag treffe ich     schon früh am westlichen Eingang zum Park ein und erfahre auch gleich, dass wohl alle Campingplätze voll seien, ich könne mein Glück aber trotzdem versuchen. Das spare ich mir, ich werde abends außerhalb des National Parks im National Forest einen Platz suchen.
Ich bin noch keine Viertelstunde unterwegs da stehe ich in einem kleinen Stau, Rechts und links der Fahrbahn stehen Autos, zwischendrin ein Ranger der sich bemüht den Verkehr zu regeln, Menschen auf der Straße und vor allem am Straßenrand. Alle Ferngläser und Kameras sind auf den Waldrand gerichtet, da muss wohl etwas Besonderes zu sehen sein. Zwei Bären sind dort gerade verschwunden, erfahre ich durch das heruntergelassene Seitenfenster. Jetzt weiß ich schon mal was hier abgeht wenn sich ein Bär zeigt.

Ich fahre weiter um mich im Besucherzentrum nach Wanderwegen zu erkundigen, doch schon bald erlebe ich die nächste Überraschung. Hinter einer Kurve kommen mir auf meiner Straßenseite ganz gemächlich zwei Bisons entgegen. Autos gehören ganz offensichtlich zu ihrem Alltag und so trotten sie ganz ruhig an mir vorbei. Es ist hier sicher angebracht sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen zu halten und immer mit Tieren auf der Straße zu rechnen.
Yellowstone scheint mir eh ein Nationalpark zu sein, der von den meisten Besuchern hauptsächlich vom Auto aus besichtigt wird. Das gesamte Gebiet kann auf einer Straße, die in einer großen Acht verläuft, abgefahren werden. Die Wandermöglichkeiten sind im Gegensatz dazu eher bescheiden und manche Wege oder Gebiete sind derzeit gänzlich gesperrt. Ich habe den Eindruck, dadurch sollen die Tiere vor den Besuchern geschützt werden und nicht umgekehrt.

Für drei Tage mache ich einen Abstecher in den südlich angrenzenden Teton National Park. Hier ist es wesentlich ruhiger und ich finde einige schöne Wandermöglichkeiten. Am Anfang der Wanderwege stehen oft Schilder mit Bärenwarnungen, aber ich habe beim Wandern nie einen zu Gesicht bekommen.
Dafür entdecke ich einmal frühmorgens eine Bärenmutter mit ihrem einjährigen Jungen in der Nähe der Straße. Auch hier versammeln sich in kurzer Zeit einige Beobachter, aber es ist bei weitem ruhiger als ich es von Yellowstone kenne. Natürlich habe ich schon oft Bären in Gehegen gesehen aber noch nie in knapp hundert Metern Entfernung in freier Wildbahn. Das Weibchen und ihr Junges sind kleiner als ich es von Grizzlys erwartet habe, doch das tut meiner Faszination keinen Abbruch. Sicherlich sind die beiden auch an Straße, Autos und Menschen gewöhnt. Aber die Beobachter halten respektvoll den Sicherheitsabstand ein. Als die Bären ihre Mahlzeit beenden, trollen sie sich ohne große Scheu zwischen den geparkten Autos hindurch Richtung Gebüsch.

Einen Regentag verbringe ich mit einer Rundfahrt durch den Yellowstone und bei dieser Gelegenheit bekomme ich auch einen der Wölfe im Hayden Valley zu sehen. Wahrscheinlich kommt er von einem nächtlichen Streifzug zurück und hat es jetzt eilig in seinen Unterschlupf zurück zu kehren.

Nachdem die Wölfe einst ausgerottet wurden, hat man in den neunziger Jahren Wölfe aus Kanada wieder angesiedelt und derzeit befindet sich ein Rudel von zehn bis zwölf Tieren hier im Tal. Sie sind jedoch wesentlich scheuer und seltener zu sehen als die Bären. Ich habe Glück und bin im richtigen Moment am richtigen Ort.

Meine Suche nach einem Elch (moose) bleibt leider ergebnislos, doch dafür bekomme ich noch eine Schwarzbärin mit ihrem Nachwuchs zu sehen. Im Vergleich zu den Grizzlies sind Schwarzbären kleiner, verspielter und weniger aggressiv. Nicht alle sind, wie der Name es nahe legt, schwarz. Diese beiden Halbwüchsigen sind und bleiben braun. Ähnlich wie die Verwandtschaft sind auch sie sehr eifrig damit beschäftigt Futter zu suchen, doch dazwischen wird die Umgebung erkundet, geklettert, ein wenig gerauft und die Bärin beteiligt sich an den Rangeleien.

Die kleine Zuschauergruppe beobachtet das Treiben ganz gebannt aus sicherer Entfernung und auch hier ist wieder ein Ranger zur Stelle, der dafür sorgt, dass keiner den Tieren zu nahe kommt.

Bei aller Begeisterung für die Tierwelt in Yellowstone habe ich nicht vergessen, dass es auch noch andere interessante Dinge zu sehen gibt: Wasserfälle, Geysire, heiße Quellen, Schlammlöcher und nicht zuletzt „Old Faithful“, ein Geysir dessen Ausbrüche auf 10 Minuten genau vorhergesagt werden können.

 

Ursprünglich hatte ich ja geplant fünf Monate in den USA unterwegs zu sein und dort auch hauptsächlich mit dem Fahrrad zu reisen. Spätestens nach Yosemite war mir aber klar, dass ich mich von dieser Vorstellung verabschieden muss.

Das Gewicht meiner Ausrüstung ist immer noch gleich hoch während ich doch etliche Kilogramm verloren habe, mein Knie macht Probleme und die Strecken, die hier zurückzulegen sind haben es in sich und das bei Temperaturen von über 30 Grad. So bin ich ganz glücklich mit meinem klimatisierten Mietwagen unterwegs und als mir in der Gegend von Monument Valley einige Teilnehmer des „Race across America“(5000km) stelle ich mir vor wie ich wohl mit vollgepacktem Rad hier durch die Hitze schleichen würde. Apropos Temperaturen: wenn die Meteorologen recht haben, wird es in Las Vegas in den nächsten Tagen rund 45 Grad warm werden!

 

Selbstverständlich bin ich mit dem Auto viel schneller unterwegs und kann meine Traum-/Wunschziele in kürzerer Zeit besuchen, andererseits belasten die Mietwagenkosten meine Reisekasse doch erheblich. Ich streiche Alaska aus meinem Programm und buche meinen Rückflug nach Frankfurt für den 25./26. Juni.